Seitenwechsel: Zwei Wochen Genderprojekt

Dominik Leibundgut, seit 8 Jahren Primarlehrer im Kanton Luzern, hat für drei Wochen im Rahmen eines «Seitenwechsels» bei unserem Projekt mitgearbeitet. Im Interview gibt er Auskunft über seine Erfahrungen und die entstandene Unterrichtseinheit.

Dominik, vielen Dank, dass Du Dir Zeit nimmst für dieses Interview. Du hast für drei Wochen an der PH Luzern beim Projekt «Gendersensibilisierung in der Ausbildung von Natur- und Techniklehrpersonen» mitgearbeitet. Kannst du kurz erklären, wie es dazu gekommen ist?

Ich habe mich schon vor längerer Zeit für die Langzeitweiterbildung «Seitenwechsel» der PH Luzern angemeldet. Lehrpersonen mit langjähriger Berufserfahrung können dabei ein insgesamt neunwöchiges Programm selbst zusammenstellen, um ihren persönlichen Horizont zu erweitern. Dabei bin ich auf das Angebot gestossen, bei diesem Projekt mitzuwirken und habe alles in die Wege geleitet, damit eine Zusammenarbeit zustande kommt.

An was hast du in den drei Wochen gearbeitet?

Zunächst habe ich mich in die grundlegende Theorie zur Genderthematik eingelesen, um mir einen soliden theoretischen Hintergrund anzueignen. Ich habe auch die bisherigen Projektberichte gelesen, um einen Überblick über den Stand des Projekts zu erhalten. Weiter haben wir uns regelmässig im Projektteam ausgetauscht, unter anderem über die verfügbaren Experimente und Schüler*innen-Aufträge im Lernlabor der PH Luzern – immer mit dem Fokus Gender im Hinterkopf. Als Abschluss habe ich dann eine Unterrichtseinheit im Fach erarbeitet und vorbereitet, die ich selber im nächsten Schuljahr mit meiner Klasse im Technikunterricht (in den Naturwissenschaften und im Fach TG) einsetzen werde. Als Thema habe ich «Elektrizität» gewählt, was eine Auseinandersetzung mit der Genderthematik super zulässt. Somit konnte ich also auch Synergien nutzen für meine zukünftige Arbeit als Primarlehrperson.

Was nimmst du für dich als Lehrperson der Primarstufe an Erfahrung aus dem «Seitenwechsel» mit in die Schule? Hat sich deine Meinung zur Genderthematik verändert? Was nimmst du mit für den zukünftigen Unterricht?

Einerseits die gerade erwähnte Unterrichtseinheit zur Elektrizität, die ich ganz bewusst unter dem Gesichtspunkt des gendersensiblen Technikunterrichts erarbeitet und geplant habe. Hier konnte ich feststellen, dass es sich auch in anderen Fächern bei der Vorbereitung des Unterrichts lohnt, bewusst auf den Aspekt Gender zu achten. Andererseits haben mir die letzten drei Wochen eindrücklich aufgezeigt, dass die Genderthematik beim Unterrichten niemals zu unterschätzen oder zu vernachlässigen ist. Vieles bleibt im Unterrichtsalltag leider «unter der Decke» oder uns Lehrpersonen ist gar nicht bewusst, welchen Einfluss unsere Vorstellungen dazu auf den Unterricht und die Schüler*innen hat. Ich zumindest werde mich in Zukunft noch verstärkt auf diesen Aspekt achten, obwohl mir im Verlauf der drei Wochen bewusst wurde, dass ich eigentlich schon einen gendergerechten Unterricht durchführe.

Unser Projekt zielt vor allem auf die Sensibilisierung von zukünftigen Sekundarlehrpersonen in Bezug auf gendergerechten Natur- und Technikunterricht. Welche Parallelen und Unterschiede zwischen der Sekundar- und der Primarschule beim Thema Gender siehst du als Primarlehrperson?

Was sicher auf beide Stufen zutrifft ist die Tatsache, dass sich die Kinder oder Jugendlichen in einer stetigen Phase der Veränderung befinden. Natur- und Technik- bzw. NMG-Unterricht ist stark geprägt von den Interessen und Präkonzepten der Schüler*innen, die sich im Verlauf der Schuljahre auch verändern können. Auf der Primarstufe sehe ich gelegentlich schon deutliche Unterschiede, was Jungs und Mädchen betrifft. Die Unterschiede sind aber sicher nicht allgegenwärtig, so stark ist die Verschiedenheit zwischen Mädchen und Jungs (noch) nicht. Ich denke jedoch, dass dies auf der Sekundarstufe viel stärker beobachtbar und erlebbar ist und die Lehrpersonen möglicherweise viel stärker beschäftigt.

Wie hast du die Arbeit an der PH Luzern im Projektteam des Projekts «Gendersensibilisierung in der Ausbildung von Natur- und Techniklehrpersonen» erlebt? Die Zeit war aufgrund der Home Office-Pflicht sicher speziell…

Leider konnten wir aufgrund der Pandemie fast nur von zuhause aus arbeiten. In diesen Phasen habe ich gemerkt, dass ich die Arbeit vor Ort sehr schätze und den direkten Austausch im Team oder mit Schüler*innen wertvoll ist. Es war aber toll, dass wir uns im Projektteam doch zweimal mit allen nötigen Sicherheitsvorkehrungen und einer Ausnahmebewilligung kurz treffen konnten.

Welche Erfahrungen mit dem Thema Gender im Bereich Natur und Technik bzw. NMG hast du vor dem Seitenwechsel bereits gemacht?

Wie bereits angesprochen erlebte ich das Thema Gender in vereinzelten Situationen im NMG-Unterricht in verschiedenen Themenbereichen ganz deutlich. Beispielsweise war das Thema «Warum fliegt ein Flugzeug?» vor einiger Zeit geprägt von einem allgemein sehr hohen Interesse der Klasse. Jedoch hat das Thema und die damit verbundenen Unterrichtsinhalte – und das ist meine persönliche, subjektive Sicht – vor allem die Jungs stark beschäftigt. Hingegen bei der Fragestellung «Warum flüchten Menschen?» war das Mädcheninteresse dann aber spürbar höher.

Abschliessend möchte ich der PHLU, allen voran dir, Daniel, für die Zusammenarbeit und die spannenden Einblicke danken. Ich werde weiterhin mitverfolgen, wie sich euer Projekt entwickelt und bin gespannt auf die Ergebnisse daraus.

Stromkreise erstellen mit Lego: Bild aus Dominiks Unterrichtseinheit, die den Fokus auf  gendersensiblen NMG- und Technik-Unterricht legt.